Aktion neue Domorgel    
     
| Die Paradiesorgel und ihre Sanierung

Nach 1945: Die Träume und die Realität vor dem Bau der Paradiesorgel
Landeskirchenmusikdirektor Gerhard Bremsteller plante gleich nach 1945 als Ersatz für die kriegszerstörte Röver-Orgel eine neue große Orgel mit 100 Registern für den Dom. Sie sollte geteilt als Hauptorgel auf der Westempore und einer „Gegenorgel“ (Chororgel) auf dem Bischofsgang Aufstellung finden. Das Vorhaben scheiterte letztlich. So hatte der Dom zu seiner Wiedereröffnung 1955 nicht einmal eine Chororgel! Erst nach der Sprengung der Heilig-Geist-Kirche erhielt der Dom die dort ausgebaute Orgel. Dieses 27-Register-Instrument wurde im Südseitenschiff aufgestellt und war allenfalls ein Provisorium.

Bis 1970: Realisierung der „kleinen“ Paradiesorgel im Nordquerhaus
Bremsteller und der Orgelrevisor des Konsistoriums,Willi Strube, suchten nach Alternativen. So wurde ein relativ kleines kirchlicherseits finanzierbares Instrument mit ca. 40 Registern für den ungewöhnlichen Standort im Nordquerhaus des Domes über der Paradiespforte analog historischer Schwalbennestorgeln ins Auge gefasst. Die Orgelbaufirma Schuke in Potsdam erhielt 1967 den Auftrag, der in den Jahren 1969/70 realisiert wurde. Domkantor Bremsteller war zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre im Ruhestand und nach West-Berlin verzogen.

Das Besondere der Paradiesorgel
Das errichtete Instrument war keineswegs im klassischen Sinne eine Schwalbennestorgel. Die Paradiesorgel „sitzt“ quasi vor dem riesigen Nordquerhausfenster auf einem schmalen Laufgang über der Paradiespforte, die Windversorgungsanlage musste in einer entfernt liegenden Nebenkammer des Bischofsganges platziert werden. Auch die Klangabstrahlung der Orgel ist durch die Nordquerhauswände im Osten und Westen „eingeschnürt“. Dennoch war diese Orgel mit ihrem markanten Gehäuse vom Hallenser Architekten Fritz Leweke ein großer Erfolg. In ihrer Rückführung auf Wesentliches, ihrer vollmechanischen Traktur ohne Spielhilfen und ihrem geschmeidigen, an den Spätbarock erinnernden Klang war sie ein Meilenstein des Neobarocken Orgelbaus.

Licht und Schatten der Kompromisse
Die Enttäuschung darüber, dass die 39 Register dieser Orgel es nicht vermochten, den großen Dom klanglich zu füllen, setzte aber bald ein, und lenkte die Aufmerksamkeit weg von den wirklichen Qualitäten des Instrumentes. Erst nach Fertigstellung der großen Hauptorgel des Domes 2008 gelangte ihr Wert wieder sehr deutlich ins Bewusstsein, da nun zwei Instrumente grundverschiedener Klangstilistik im Dom zur Verfügung stehen. Trotz der zweifellos bestehenden Einschränkungen im Raumfüllungsvermögen hat die Paradiesorgel mit ihrem kräftigen klaren und schönen Klang neben der Hauptorgel im Dom eine eigenständige Aufgabe als Chororgel bei Trauungen, Andachten und sonstigen Gottesdiensten im Hohen Chor – wie in vielen Kathedralen von Rang. Unverzichtbar ist sie als charakteristische Orgel der neobarocken Bauweise, mit der im Dom die stilgerechte Pflege der so umfangreichen barocken Orgelliteratur realisierbar ist.

Schadensbeseitigung und Prävention an der Paradiesorgel
In Folge der auch im Orgelbau 1969 bestehenden DDR-Mangelwirtschaft zeigen sich heute zunehmend Mängel an der Paradiesorgel. Das betrifft zuerst das Orgelgehäuse, es ist nicht selbsttragend und wurde leider aus einfachem gebeiztem und mit Holzschutzmitteln „verseuchten“ Nadelholz errichtet. Es muss ersetzt werden. Des Weiteren muss ein Austausch der Prospektpfeifen erfolgen, die aus einer ungünstigen Metall-Legierung hergestellt wurden, sie werden nun weich und die Gefahr ist groß, dass sie stumm werden oder sogar abstürzen. Die zu ersetzenden Pfeifen müssen aus „Englisch-Zinn“ gefertigt sein. Damit sind sie dann leichter, stärker, standfest und obendrein silbrig-glänzend, so wie das bei den Pfeifen des Prospektes der neuen Hauptorgel der Fall ist.

Optimierung des neobarocken Klangbildes der Paradiesorgel
Die Zungenpfeifen konnten teilweise beim Bau der Paradiesorgel nicht optimal in das neobarocke Klangkonzept integriert werden. Um dem abzuhelfen, müssen vier Register ersetzt und einige nachintoniert bzw. umgebaut werden. Hinzu kommen kleinere Veränderungen in der Disposition. Das Brustwerk soll einen gewissen solistischen Charakter erhalten, und die Nutzbarkeit der Orgel für stilgerechte Darstellung norddeutscher Barockmusik wird deutlich erhöht.

Das Finanzielle
Rund 350.000 € sind für diese Maßnahmen nötig. Die Arbeiten am Gehäuse machen dabei den Löwenanteil aus, der den Gerüstbau, die Zerlegung der gesamten Orgel und die fachgerechte Entsorgung der holzschutzmittelbelasteten Teile umfasst. Auch die Fertigung eines neuen, qualitativ angemessenen „Orgelkleides“, wie auch der Austausch der Prospektpfeifen, sind zwar teuer, aber aus den genannten Gründen zwingend.
Helfen Sie uns bei der Sanierung unseres „paradiesischen Weltkulturerbes“ und tragen Sie als Stifteroder Spender dazu bei, dass die Paradiesorgel vielleicht schon zu ihrem 50. Geburtstag im Jahr 2020 wieder im neuen Glanz erstrahlen kann!







"Paradiesorgel" Schuke 1969/70 im Querschiff.

Zum Vergrößern bitte auf die Bilder klicken.
Copyright: Jürgen Buchholz, Magdeburg